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DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL, Staatsoper Wien, 23 October 2020 - 19:00

Details

  • Kategorie: Operas
  • Event: DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
  • Datum/Zeit: 23 October 2020 - 19:00
  • Veranstaltung: Staatsoper Wien
  • Adresse: Opernring 2, 1010 Wien (Map)
  • Andere Termine: Alternative Termine

KARTEN UND PREISE

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Description


Zu schön für unsere Ohren, und gewaltig viel Noten, lieber Mozart«, soll Joseph II. über »Die Entführung aus dem Serail« gesagt haben – worauf Mozart geantwortet habe: »Gerade so viel Noten, Eure Majestät, als nötig sind.« Der Wortwechsel – er findet sich in der ersten Mozartbiographie, die acht Jahre nach dem Tod des Komponisten von Franz Xaver Niemetschek herausgegeben wurde – kann nicht zweifelsfrei belegt werden. Dennoch bündelt das dem Kaiser unterstellte skeptische Lob die Vorbehalte zeitgenössischer Rezensenten. Diese kapitulierten vor der musikalischen Überfülle der Partitur: Mozart habe das Sujet zu ernst genommen, hieß es damals, seine komplexen Harmonien überforderten Instrumentalisten wie Zuhörer gleichermaßen und »gehörten nicht auf das Theater«.
In der Tat sprengt Mozart das Genre eines Schauspiels mit Liedeinlagen zugunsten eines musikalischen Welttheaters: Das Paar der einander entrissenen Liebenden Belmonte und Konstanze lotet seine existenziellen Gefährdungen in musikalischer Nähe zur Opera seria aus, während in Duetten, Terzetten und Quartetten die Ensemblekunst der Opera buffa zum Blühen kommt, mit plastisch ausgetragenen Kontrasten der hohen und der Figuren aus dem Dienerstand. Aber auch Lied und Romanze aus der Tradition der französischen Opéra comique kommen zu ihrem Recht. Gänzlich vorbildlos ist die musikalische Gestaltung des Osmin, der als Aufseher über das Landhaus des Bassa Selim den Spott wie auch die Ängste der dort festgehaltenen Europäer provoziert. Denn hinter seiner Maske aus Gefräßigkeit, Sauflust und Vielweiberei lugt kein anderer als Bacchus, der Gott des Rausches, hervor, der durch keine vernunftorientierte Disziplin unter Kontrolle zu bringen ist. Er ist einer jener Nichtintegrierbaren, die – wie die Elettra im »Idomeneo« oder die Königin der Nacht in der »Zauberflöte« – am Ende eines Stückes aus der Gemeinschaft der Aufgeklärten vertrieben, ja exorziert werden müssen: »Doch seh’ er nur das Tier dort an, ob man so was ertragen kann.« Osmins grobianische Exzesse würzt Mozart mit dem Einsatz »türkischer Musik«: Triangel, Becken, große Trommel und Flageolett, eine in hoher und höchster Lage spielende Verwandte der Blockflöte. All diese Stilelemente verschmilzt Mozart zu einer großartigen Synthese.
Zu seinen Lebzeiten war es sein mit Abstand erfolgreichstes, an vielen Theatern begeistert nachgespieltes Stück. Zugleich wurde die »Entführung« zur ersten deutschsprachigen Oper, die bis heute eine ununterbrochene Aufführungstradition begründen konnte. An der Wiener Staatsoper, eine der Nachfolgeinstitutionen des alten Burgtheaters, jenem heute nicht mehr bestehenden Teil der Hofburg, in dem die »Entführung« 1782 ihre Uraufführung erlebt hatte, wurde das Werk von 1872 bis 2000 in nahezu jedem Jahr gegeben, bevor die letzte Neuinszenierung der Staatsoper 2006 im heutigen Burgtheater herauskam. Nun kehrt Mozarts Geniestreich unter der Musikalischen Leitung von Antonello Manacorda ins Haus am Ring zurück. Die Rolle der Konstanze, deren fulminante technische und expressive Anforderungen Mozart für die berühmte Diva Caterina Cavalieri konzipierte, wird dabei in der ersten Serie von Lisette Oropesa und in der zweiten von Brenda Rae verkörpert. Die für den phänomenalen Bassisten Ludwig Fischer komponierte Rolle des Osmin singt Goran Juri´c. Den Belmonte, eine der schönsten Liebhaberrollen Mozarts, gestaltet Daniel Behle. Michael Laurenz als Pedrillo und Regula Mühlemann als Blonde spielen das Diener-paar, dem Mozart einige der originellsten Momente seiner Partitur zugedacht hat.
Die formale Anlage des Singspiels, bei dem gesprochene Dialoge zwischen den musikalischen Nummern vermitteln, gewinnt bei Mozart dadurch eine inhaltliche Dimension, dass eine der sechs Hauptrollen als reine Sprechrolle konzipiert ist, die des Bassa Selim. Dieser Mann, ein Europäer, der durch Machenschaften von Belmontes Vater aus seiner aufgeklärt-westlichen Existenz vertrieben wurde, sich vom christlichen Glauben abgewandt hat und im Orient zu Macht und Reichtum gelangt ist, verzehrt sich in unglücklicher Liebe zu Konstanze, die er auf dem Sklavenmarkt erworben hat, die sich jedoch durch ein Treueversprechen gebunden fühlt. Die Grenze zwi-schen gesprochener Rede und Gesang markiert die Unmöglichkeit einer Vereinigung beider. Um der Utopie dieser Vereinigung willen erschließt Regisseur Hans Neuenfels der Kunst der Bühnenrede die gleiche Würde wie dem Gesang, indem er alle solistischen Gesangsrollen noch einmal mit Schauspielern besetzt. Seine Neufassung des Librettos behält alle Hand-lungsmomente des Originals bei, zugleich reflektieren sich Schauspiel und Gesang in hochpoetischen Spiegelungen und Verflechtungen. Mit guten Gründen darf man behaupten, dass es dem Theater selten so gelungen ist, die ebenso vielbeschworenen wie schwer greifbaren kammerspielhaften seelischen Komplikationen dieser Oper an die theatralische Oberfläche zu projizieren, wie in dieser Meisterinszenierung.

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